2011/11/14

Bustour durch die Anden - Tag 2

Da ich immer noch schon ein bissel eher wach bin, so gegen 0400 Uhr oder so, bin ich schon gegen 0630 Uhr am Busterminal. Siehe da es herrscht Hochbetrieb, ich habe kaum den Rucksack abgelegt, da werde ich schon gefragt "Nach Andahuaylas?" - also ruckzuck den Rucksack ohne Quittung in den Bus von "Los Chankas" geworfen und rein in das Ding, diesmal habe ich keine Platzreservierung und muss ganz hinten sitzen, wo es mir in der Schule schon immer schlecht geworden ist. Naja, wird schon werden. Jedenfalls gibt es keine Zeit zum Nachdenken oder Nachfragen, ich will ja auch los!
Von den beiden Polen keine Spur, sie haben es nicht zu diesem Bus geschafft, da wir kurz nach halb sechs los sind, anstatt um 0700 Uhr, wie es auf dem Plan stand. Das funktioniert in Peru eben anders, aber anscheinend habe ich es schon drauf.

Die Fahrt an und fuer sich war wieder grandios. Landschaften, Abgruende, Berge, Ausblicke... was red ich... Paesse von ueber 4200 m ueberwunden und ich habe keine Probleme, super!
Nach gut 3,5 h erreichen wir eine Bruecke uebe den Rio Pampas, just in dem Moment, kurz bevor wir auf die Bruecke zur anderen Seite auffahren wollen, brechen auf der gegenueberliegenden Seite Steine und Geroell von der gut 200 bis 300 m hohen Steilwand auf die Fahrspur herab. "Mann, Glueck gehabt!", denke ich mir noch. Der Bus haelt an und nach und nach steigen alle Leute aus und gucken was da los ist. Es war tatsaechlich nicht nur reines Glueck, sondern die volle Absicht von Aufstaendischen oder Streikenden, je nachdem, wie man sagen will. Die haben als Zeichen ihrer Gewaltbereitschaft die Strassen ab der Bruecke unpassierbar gemacht und die Bruecke verbarrikadiert. Nur zu Fuss oder mit dem Rad konnte man vorbei, allerdings nicht ohne zu riskieren, dass nicht doch Steine geworfen wurden. Das mussten zwei furchtlose Mountanbiker erfahren, was die in dem Moment als die Steine runter kamen wohl gedacht haben? In diesem Konflikt jedenfalls, so habe ich spaeter erfahren, geht es um die Menschen und Kommunen, die von den skrupellosen Minenbetreibern ausgebeutet werden. Diese arbeiten unter schlimmsten Bedingungen in den Minen, werden krank, bekommen keine Unterstuetzung und sterben irgendwann an Krebserkrankungen oder aehnlichem. Zudem werden die Kommunen bzgl. der Zuwendungen belogen, ganz zu schweigen von der schrecklichen Naturzerstoerung, die durch die ungefilterten Flusseinleitungen passiert. Auf der Zugfahrt hatten wir ja La Oroya passiert, eine sehr grosse Kupfermine, allerdings wurde waehrend der Fahrt wohl bewusst nicht auf diesen politischen Brandherd aufmerksam gemacht. Somit eigentlich sehr verstaendlich, dass die Leute streiken und auf sich aufmerksam machen.
Die Auto- und LKW-Schlange vor der Bruecke und wohl auch nach dem Dorf wurde immer laenger und laenger. Insgesamt mussten wir bis 02:30 Uhr auf unsere Weiterfahrt warten, also gut 15 h. Ist schon... sagen wir mal aufschlussreich, was da alles in dieser Zeit abgeht. Das Radio laeuft volle Pulle mit in meinen Ohren peruanischen Klagegesaengen, der Geruch im Bus gedeiht bei einer Mordswaerme von reinem Schweissgeruch, zu einer Mischung aus Urin (es gibt im Bus ein Klo, allerdings wird auf den Boden gepinkelt, in dem ein kleines Loch ist, wo es je nach Schraeglage ablaeuft), und wird spaeter angereichert von den Ausduenstungen der Schweissfuesse. Die Leute machen es sich halt so gut es geht bequem. Dazu kommen noch undefinierbare Gerueche aus den Kleidungen und Mitbringsel der Leute, manches riecht nach altem Fisch und Fleisch. Wahrscheinlich alles was es auf den Maerkten so gibt.
Praktisch habe ich keine Auge zugemacht und wurde von Muecken zerstochen, da gibts ein interessantes Bild! Meine Kontaktlinsen musste ich auch opfern, zum Glueck habe ich diesmal glaube ich 7 Paar mit :-)
Mitten in der Dunkelheit geht es also weiter, so ein Typ hat es in 15 h nicht fertig gebracht einmal aufs Klo zu gehen, also pinkelt er kurzerhand aus dem hintersten Fenster raus, volles Rohr! Ich habs nur zufaellig gesehen, da ich mich umgedreht habe, da es von hinten aufgeblendet hat.
Manche Ausblicke, durch den sehr hellen Mond erleuchtet und die aufgehende Sonne entschaedigen dafuer fast wieder. Ach so, es ist ja mittlerweile schon der 15.11.2011.


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